„… die richtige Power auf´s Papier bringen!“

Haben Sie schon einmal versucht, direkt an der Ziellinie nach einem Vierhundertmeterlauf und zwanzig Liegestützen, ein Diktat zu schreiben? Oder sollten Sie schon einmal, direkt nach dem Aufwachen, fehlerfrei einen Dreisatz lösen?

Die Herausforderung

Dadurch, dass sich ein Legastheniker beim Lernen anders mit den Schriftzeichen verbindet und die Buchstabenwelt aus viel mehr Perspektiven wahrnimmt, fangen sie an sich zu drehen und werden einfach irgendwie „lebendig“. Wenn dann eine Stimme kommt und zur Konzentration mahnt, hilft das dem Kind nicht, da es noch mehr Energie aufbaut, um es richtig zu machen. Diese Energie ist jedoch zu viel, der Legastheniker baut inneren Druck auf und blockiert.

Der Energieregler

Ich arbeite in meinen Trainingsangeboten von Anfang an mit einem Element aus der Davis-Methode, dem „Energieregler“. 

Am ersten Tag meines Trainings frage ich die Kinder immer, wie sie sich einen Regler vorstellen, mit dem sie ihre eigene Energie regeln könnten, um dann am nächsten Tag genau solch einen Regler mit ihnen gemeinsam dreidimensional aus Papier zu bauen.

Die Dreidimensionalität hilft gerade dem bildhaft denkenden Kind, diesen Regler in die innere Vorstellungswelt zu integrieren. Der gebaute Regler auf dem Schreibtisch zuhause dient als stabiler Erinnerungsanker. Ganz nebenbei erfahre ich im Gespräch während des Zusammenbauens viel über das Kind und dessen Herausforderungen im Lernalltag und kann es im weiteren Training noch gezielter unterstützen.

Die eigene Energie regeln lernen

Mit diesem Regler darf das Kind dann mit mir gemeinsam auf einer Skala von eins bis neun betrachten, für welche Alltagstätigkeiten wir eigentlich wie viel Energie benötigen. In einem spielerischen Energierätsel wird der Regler dann auf das Kind kalibriert und geeicht und es lernt diese Energie kontinuierlich von null bis neun zu steigern.

In all meinen bisherigen Erfahrungen lag die richtige Energie für das Lesen und Schreiben, zwischen 3,5 und 5.

Bevor dann gelesen oder geschrieben wird, kann das Kind nun den inneren Regler auf die richtige Energie einstellen. Anfangs noch mit der Hilfe des gebauten Modells, später dann schon ohne. Wenn die Schrift im Laufe das weiteren Trainings auf wieder „schlampig“ wird oder beim Lesen wieder Wörter in den Text wandern, die jedoch gar nicht im Buch stehen, frage ich das Kind, wo sich der Regler denn gerade befindet. Sobald dieser wieder auf Lese- und Schreibmodus ist, klappt es umgehend sehr gut.

Häufig wird mir von den Schülern und Schülerinnen berichtet, dass die Energie bei dem Satz „Jetzt habt ihr noch fünf Minuten, um den Text fertig abzuschreiben!“ bis auf das Level acht, manchmal sogar neun, rauf saust. Das ist ein 400-Meterlauf mit zwanzig anschließenden Liegestützen. Auch wir Eltern könnten da nicht mehr richtig schreiben. Der innere Regler hilft dann, diese gefühlte Energie wieder auf das richtige Maß einzustellen und den restlichen Text kontinuierlich abzuschreiben.

Die Dankbarkeit der Kinder für dieses einfache Hilfsmittel ist sehr berührend.

Ich wünsche Ihnen und Ihren Kindern, dass sie mit der richtigen Energie auf der perfekten Welle lernen!

Ihr Bildungssurfer | Daniel Stanislaus